Breathwalk – Erlebnisbericht

Yogawalking aus dem Kundalini Yoga

Von Devta E. Wienberg und Helga Koss

Eine Gruppe von Frauen macht sich auf den Weg, vom Bahnhof Hamburg-Altona zur Volkshochschule Klappholttal auf Sylt. Andere kommen von weiter her. Bis nach Österreich war die Kunde von einem belebenden und entspannenden Kurzurlaub in einer der ältesten Erwachsenenbildungsstätten Norddeutschlands, der – Akademie am Meer – in Verbindung mit morgendlichem Yoga und Yogawalking gedrungen. Im reizvollen Nordseeklima, auf idyllischen Dünenwanderwegen und am weitläufigen Weststrand werden wir die Schönheiten der Insel und des Breathwalk (Yogawalking) erkunden.

Bevor die theoretischen Grundlagen des Breathwalk erläutert werden, ist im folgenden ein Erfahrungsbericht von Devta E. Wienberg zu lesen, die bei den ersten Breathwalk Kursen das Morgenyoga geleitet hat. Bei den nächsten Kursen wird sie aus gutem Grund nicht dabei sein können, sie bekommt ein Baby.

Wind

Das Luft-Element ist das erste, das uns auf Sylt begrüßt. Ich hatte natürlich – auf einer Inselreise – vor allem Wasser erwartet. Aber der stürmische Wind herrscht vor. “Wie passend zu diesen Tagen, die dem Atmen gewidmet sein sollen”, denke ich. “dem Atmen und der Bewegung.” Das yogische Wort für Wind, PAVAN, bedeutet auch Luft, Atem und Lebensenergie. Und wo diese Art von Energie ist, kann Bewegung und Veränderung geschehen. Uns klären und zum Loslassen bringen.

Durch meine Yogapraxis bin ich mit meinem Atem sehr vertraut geworden. Wie mit einem guten, alten Freund. Pranayama – Atemführung, oder auch Lenkung der Lebensenergie PRANA – ist Teil jeder Yogaübung. Die unterschiedlichsten Atemtechniken begegnen mir tagtäglich im Kundalini Yoga. Aber Breathwalk habe ich noch nie ausprobiert! So bin ich sehr gespannt auf die Breathwalk-Erfahrung und meine Doppelfunktion als Breathwalk-Neuling und Yoga-Lehrerin in der Gruppe.

Atem & Lebensenergie

Nach der Begrüßungs- und Einführungsrunde starten wir – gut verpackt – zu unserem ersten Breathwalk hinaus an den Strand. Wir beginnen im Kreis stehend mit langem, tiefen Atem. Unser Atem verbindet uns jetzt direkt mit dem Wind, der das Meer zum schäumen gebracht hat. Herrlich, sich so durchpusten zu lassen! Die reinigende Kraft der Sylter Meeresluft beginnt sofort zu wirken. “Hier kommt alles raus”, sagt eine unserer Sylt-erfahrenen Teilnehmerinnen. Wir machen noch einige kurze, kraftgebende Yogaübungen im Stehen und dann geht es los.

Nachdem jede ihr eigenes Tempo gefunden hat, beginnen wir im Rhythmus unserer Schritte zu atmen, atmen in vier Teilen ein und in vier Teilen aus. Dieses Atemmuster wechselt abschnittsweise mit normalem Gehen, wobei wieder geredet, geschaut und gelacht wird. Auf einem Dünenwanderweg gehen wir sehr aufmerksam durch diese wunderschöne Landschaft aus weißem Sand, wilden Rosen und weiter Heide zurück zum Klappholttal und finden uns zum Abschluss des Breathwalk wieder im Kreis zusammen. Ein paar Dehnübungen sind angenehm.

Für eine kleine Meditation, die Helga einfühlsam anleitet, rücken wir dicht zusammen, um ihre sanften Worte zu hören, bevor der Wind sie davonträgt. Mit dem Atem lenken wir unsere Aufmerksamkeit und die Gruppe wird sehr still, jede ist bei sich.

Zurück beim köstlichen Abendessen, bei dem sogar mein Wunsch nach veganem Essen berücksichtigt wird – Danke! – tauschen wir lebhaft unsere ersten Eindrücke aus.

Sonnenuntergang am Meer, Abend

Nach dem stillen Abendwalk, der seinen wörtlichen Höhepunkt beim meditativen Sonnenuntergang mit großartiger Aussicht aufs Meer hat, treffe ich mich noch mit einer kleinen Gruppe zum Mantren-Singen und Meditieren. Und sinke anschließend rosig und butterweich wie ein Baby in meinem schnuckeligen, holzvertäfelten Häuschen zwischen die Decken. Der Wind, der immer noch pfeift, und mein Atem wiegen mich in tiefen, erholsamen Schlaf.

In den folgenden Tagen nimmt der Sturm ziemlich genau in dem Maße ab, wie wir Breathwalkerinnen an Strahlen zunehmen: Die Kombination aus Walken, Atmen, Aufmerksamkeit, Yoga und Weite des Horizonts scheint alle auf sanfte Weise zu berühren und auf tiefer Ebene zu entspannen. Manche werden sehr ruhig, andere tanzen und hüpfen lachend am Strand herum … Selbst eine Teilnehmerin, die wegen Knieproblemen kaum mitgehen kann, ist nicht umsonst nach Sylt gekommen: Gemeinsam erforschen wir die heilsame Wirkung des Kundalini Yoga und der Kundalini Energie. Und mir wird klar, warum ich als Kundalini Yoga Lehrerin auf dieser Reise dabei sein sollte.

Strand auf Sylt YogaMein persönlich intensivstes Erlebnis mit Breathwalk war die Weite der Wahrnehmung: Mit auf den Horizont gerichtetem Blick und meditativem Gang (Mantra, Mudra und Atemmuster) hatte ich das Gefühl, ein unbewegtes Zentrum zu bilden. Erst der Horizont bildete die Grenze der Sphäre meiner Wahrnehmung. Wie eine himmelweit ausgedehnte Blase mit mir in der Mitte, durch die alle Eindrücke hindurchwandern, ohne sie zu beeinträchtigen und die unverändert bestehen bleibt. Durch diese Erfahrung wurde Breathwalk für mich wesentlich mehr als ein effektives Fitness-Programm! Der Abreisetag kommt – wie das auf erlebnisreichen Reisen so ist – unerwartet schnell und ich beschließe mit Helga: Ich komme im Oktober wieder mit!

Strahlender Sonnenschein und leichter Wind verabschieden mich für dieses Mal von Sylt.